Larman's Law (V)
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Mit der Zeit haben sich viele Menschen Gedanken über die ungeschriebenen Gesetze der Organisationsentwicklung gemacht und versucht sie (auf manchmal seriöse, manchmal aber auch eher zynische Art) auf Papier zu bringen. Besonders produktiv war dabei Craig Larman, der Erfinder von LeSS, der insgesamt fünf Gesetze verfasst hat, die er Larman's Laws of Organizational Behavior genannt hat. Heute soll es hier um das Fünfte von ihnen gehen. Es lautet:
In large established orgs culture follows structure. And in tiny young orgs, structure follows culture.
Zum Hintergrund: Larman verfasste dieses Gesetz als Reaktion auf die in der agilen Community verbreitete Ansicht, dass Veränderungsvorhaben grundsätzlich damit beginnen müssten, die Kultur zu verändern. Da diese bestimmend für alles weitere wäre, würden alle weiteren Veränderungen mehr oder weniger von selbst folgen. Diese Ansicht hält er (zumindest in grösseren Organisationen) für nicht zutreffend und realitätsfern.
Die von Larman (und vielen Anderen) beobachtete Realität ist eine andere. In ihr ist die Unternehmenskultur (also die Summe aller informellen Erwartungen, Glaubenssätze, Deutungsmuster, etc.) stark von der Formalstruktur beeinfusst, bzw. eine Reaktion auf sie (zur Formalstruktur gehören Regel, Hierarchien, Anweisungen, o.A.). Ein einfaches Beispiel: in einem Unternehmen in dem alles zentral und geheim entschieden wird, wird es kaum zu einer partizipativen Mitmach-Kultur kommen.
In einem derartigen Umfeld haben Veränderungsvorhaben daher eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn sie mit strukturellen Veränderungen beginnen, z.B. mit der Delegation von Entscheidungen auf untere Hierarchieebenen, wodurch eine passive Gehorsams-Kultur dort nicht mehr möglich ist. Ob die dadurch herbeigeführten Kulturveränderungen die erhofften sind oder ob und wie nachgesteuert werden muss, ist dann nochmal ein separates Thema, das weit in das Change Management hineinführt.
Nun zum umgekehrten Fall: es gibt einige Firmen in denen es doch so ist, dass die Unternehmenskultur die Unternehmensstruktur definiert. Wie kann das sein? Larman gibt die Antwort, indem er darauf verweist, dass das vor allem in kleinen und jungen Organisationen gegeben ist. In derartigen Umgebungen sind Strukturen meistens nur rudimentär vorhanden (da noch nicht nötig) und verfestigen sich erst mit der Zeit. Diese Verfestigung bildet dann in der Regel die Kultur ab.