The Agile Bookshelf: Work, Sleep, Repeat
Bild: Pexels / Yan Krukau - Lizenz |
Seit einigen Jahren werde ich regelmässig auf mein Buch angesprochen und darauf, dass ich es erstaunlich selten erwähne. Der Grund dafür ist einfach - es ist gar nicht von mir. Wie es der Zufall will gibt es einen zweiten Felix Stein, der eine Zeit lang als Unternehmensberater gearbeitet und ein Buch darüber geschrieben hat. Um zumindest zu wissen worum es geht, habe ich es gekauft und muss sagen, es gefällt mir wirklich gut.
Der Name des Buches ist Work, Sleep, Repeat: The Abstract Labour of German Management Consultants, und anders als man angesichts der Einleitung denken könnte ist es weniger ein subjektiver Erfahrungsbericht und mehr eine wissenschaftliche Arbeit geworden, die man in die Disziplinen der Antropologie, Soziologie oder Sozialpsychologie einordnen könnte. Neben eigenen Erfahrungen basiert es auch auf empirischen Erhebungen unter deutschen Management-Beratern.
Inhaltlich beginnt es mit einem kurzen geschichtlichen Überblick über die Entstehung des Berufs des Unternehmensberaters, der aber nicht bloss Daten und Ereignisse aufzählt, sondern bereits Zusammenhänge herstellt, etwa den, dass im frühen 20. Jahrundert die Entkoppelung leitender und ausführender Arbeiten dafür gesorgt hat, dass nicht nur das Management als Berufsgruppe entstanden ist, sondern durch seine Entfremdung von der Ausführungsebene mit ihm der Beratungsbedarf.
Aufbauend darauf konzentriert es sich auf die bereits im Titel prominent genannte "abstrakte Arbeit", die den wesentlichen Teil von Management-Beratung ausmacht. Herausgearbeitet wird, dass es sich bei den "Liefergegenständen" um Dinge wie Organisiertheit, Legitimität und Wissen handelt, deren Wert zwar unbestreitbar ist, die aber schwer zu fassen und zu beschreiben sind, so dass Gegenstand, Ausmass und Wert der damit verbundenen Tätigkeiten von Aussen mitunter schwer nachvollziehbar sind.
In einem parallelen "Erzählstrang" ziehen sich Beobachtungen der Auswirkung dieser Art der Arbeit und des Arbeitens auf die jeweiligen Berater durch das Buch. Effekte wie Gruppen-Identität, -Konformität und -Abgrenzung gehören dazu, aber auch negative Folgen wie Entfremdung von der Arbeit und anderen Menschen, Stress, Krankheiten und Verlust des Privatlebens. Ein ganzes Kapitel widmet sich dann der naheliegenden Frage, warum so viele Menschen trotzdem diesen Beruf ergreifen.
Als jemand der selbst bereits als Management-Berater tätig war, kann ich das was der andere Felix Stein in seinem Buch schreibt verstehen und bestätigen. In vielen der Beispiele und Zitate erkenne ich eigene Erlebnisse wieder. Als Geisteswissenschaftler kann ich ausserdem nur anerkennen, dass er ein Kunststück auf der Meta-Ebene vollbringt: abstrakte Arbeit wird hier aus einer nochmals höheren Abstraktionsebene betrachtet, beschrieben und eingeordnet.
Auch allen die keinen derartigen Hintergrund haben kann ich Work, Sleep, Repeat empfehlen. Wie in ihm beschrieben wird, kann die Arbeit von Management-Beratern massive Auswirkungen auf alle Menschen in einer Organisation haben, ist für die meisten aber unsichtbar oder unverständlich. Vor allem wenn man in grösseren Organisationen arbeitet (wo es nur eine Frage der Zeit ist, bis externe Berater auftauchen), kann es ein wesentlicher Beitrag zu einem verbesserten Systemverständnis sein.