Dienstag, 15. August 2023

Der Vorteil von SAFe (III)

Bild: Unsplash / wocintechchat - Lizenz

Mit wenig kann man sich in der agilen Community so einfach Applaus und Zustimmung abholen wie mit SAFe-Bashing. Die mit diesem Framework verbundenen Risiken und Probleme sind auch fraglos vorhanden, so dass die Ursache dieser Ablehnung häufig nachvollziehbar ist. Was dabei aber zu leicht untergehen kann: SAFe macht auch einige Sachen richtig, und das vor allem in einer Richtung: in der, in der sich das Management befindet.


Ein bisschen Kontext: die meisten klassischen agilen Frameworks (vor allem Scrum, XP und teambasiertes Kanban) konzentrieren sich mit ihren Rollen, Regeln, Meetings und Artefakten auf die Umsetzungs- und Team-Ebene. Die darüber liegenden Management-Schichten werden weitgehend ignoriert, und wenn sie thematisiert werden, dann überwiegend in dem Zusammenhang, dass sie bitte die Team-Autonomie oder die Ownership des Product Owners zu respektieren haben.


Im Rahmen von Transitions-Vorhaben führt das oft zu nicht zielführendem Umgehen mit vor allem mittleren Managern. Teilweise werden sie (ohne bösen Willen) ignoriert oder vergessen, teilweise werden sie bewusst ausgegrenzt, schlimmstenfalls wird ihnen konfrontativ der Verlust von Einfluss, Status, Budget oder Karriere in Aussicht gestellt. Dass das einen Widerstand gegen die anstehenden Veränderungen zur Folge hat, ist wenig überraschend.


Und auch wenn das Management sich bewusst darauf einlässt, den ab jetzt selbstorganisierten Teams möglichst viele Entscheidungen zu überlassen, kann das in Probleme führen: ob aufgrund fehlender Erfahrungen oder wegen nicht klar definierter Zuständigkeitsgrenzen, immer wieder wird es zu Situationen kommen, in denen doch wieder das Management um Entscheidungen gebeten werden wird - was schlimmstenfalls den Eindruck erwecken kann, "dass Selbstorganisation nicht funktioniert".


Der Weg den SAFe gefunden hat um mit diesen Risiken umzugehen ist der, dass direkt zu Beginn einer Transition (in Phase zwei der "Implementation Roadmap") explizit auch die "Executives, Managers and Leaders" trainiert werden müssen. Ganz bewusst soll diesen dabei sowohl vermittelt werden, dass an vielen Stellen ein Loslassen stattfinden muss, als auch, dass das nicht bedeutet, nicht mehr verantwortlich zu sein und sich aus den Veränderungen herausnehmen zu können.


Bei der Frage wie das zu geschenen hat bleibt zwar ausgerechnet das sonst oft sehr deskriptive SAFe erstaunlich wolkig. Auf der entsprechenden Website wird vor allem vermerkt, dass es keine Ausnahmen geben soll und dass die Vermittlung der Haltungen "Thinking Lean" und "Embracing Agility" im Mittelpunkt stehen sollen. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass detailliertere Anleitungen den meisten Einzelfällen nicht gerecht werden würden.


Dass jemand, der eine (berechtigte oder unberechtigte) Abneigung gegen SAFe hat, auch die "SAFe Implementation Roadmap" nicht mögen wird, dürfte wenig überraschend sein - und man muss sie ja auch nicht benutzen. Alternativ sollte man dann aber eine andere Art finden, das Management von Beginn an einzubinden. Denn zur Zeit ist es ein Alleinstellungsmerkmal von SAFe, diese Einbindung verbindlich formalisiert zu haben.1



1Um einem von Vertretern von LeSS und der Kanban University manchmal vorgebrachten Gegenargument zuvorzukommen: das Management lediglich aufzufordern, bestimmte Bücher zu lesen und zu tun was in ihnen steht, ist keine Einbindung und verkennt wesentliche Realitäten des überfrachteten Manager-Alltags

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