Kommentierte Links (CIII)
Das Internet ist voll von Menschen die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die erwähnenswertesten.
Nachdem der "Agile Michl" regelmässig
in seinem Blog auf mich verweist, freut es mich, das es heute auch mal in die andere Richtung gehen kann. Das Thema mit dem er sich befasst ist eines, das gleichermassen selten wie wichtig ist: die Skalierung von Kanban. Diese kann auf drei Arten stattfinden: durch Verlängerung des Kanban-Systems entlang des Wertstroms, durch Koppelung mehrerer Systeme oder durch Verbindung verschiedener Flughöhen (Granularitäts-Ebenen) miteinander. Während ich diese Unterscheidung schon kannte, ist die griffige Benennung für mich neu - Skalierung in die Breite, in die Tiefe und in die Höhe. Diese Begriffe werde ich von jetzt an auch benutzen.
"Schlecht definierte Rollen erhöhen die Notwendigkeit von Kommunikation und führen zu mehr Zeit in Meetings." Mit diesem direkt zu Beginn angeführten Zitat macht Jason Yip sehr deutlich, warum Rollenklärung für agil arbeitende Teams wichtig ist. Gleichzeitig ist ihm aber auch bewusst, dass er sich damit in einem Spannungsfeld befindet, denn zu detailliert festgelegte Rollen nehmen Flexibilität weg und können für Bürokratie sorgen. Den richtigen Punkt in der Mitte zu finden (und ununterbochen neu auszuhandeln) gehört zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren. Yip fügt dem Ganzen noch eine weitere Dimension hinzu, indem er zwischen individuellen und kollektiven Verantwortlichkeiten und Erwartungen differenziert. Auch das ist in agil arbeitenden Teams immer wieder ein Thema.
Von Tendayi Vikis gibt es das Buch
Pirates in the Navy, das ich sehr empfehlen kann (und zu dem ich vor einiger Zeit
eine Rezension geschrieben habe). Die titelgebende Kernaussage ist die, dass überzeugte Freigeister (
→ Piraten) sich immer schwer tun werden, wenn sie in klar strukturierten Organisationen (→ der Marine) arbeiten sollen. Nicht nur deshalb weil sie gegen deren Regeln verstossen, sondern auch weil sie durch das Umgehen offizieller Prozesse für die anderen, die nur im Rahmen dieser Prozesse arbeiten, unsichtbar werden. In diesem Blogpost baut Viki die Piraten-Analogie weiter aus und empfiehlt, sich eher an den Freibeutern zu orientieren, die zwar autonom agierten, das aber durch eine offizielle Lizenz erlaubt bekommen hatten, wodurch sie legal und sichtbar vorgehen konnten.
Wer schon einmal dabei war, wenn bisher von einem Manager geführte Teams plötzlich selbstorganisiert sein sollten, wird vermutlich diese Situation kennen: obwohl er weder führen soll noch will orientieren sich die Teammitglieder weiterhin an ihm, berichten was sie tun und fragen um Erlaubnisse oder Freigaben. Dort wo derartige Phänomene auftreten kann es sinnvoll sein, dass die bisherige Führungskraft sich eine gewisse Zeit lang vom Team fernhält, so dass dieses gar nicht anders kann als sich an eigene Verantwortung und eigene Entscheidungen zu gewöhnen. Die von Michael Küsters definierte Begrifflichkeit
Leading by Absence trifft diese leicht paradoxe Situation recht gut. Dadurch, dass man fernbleibt führt man die bisherigen Untergebenen in die Selbstorganisation.
Zuletzt ein eher "handwerkliches" Thema. Die Klagen über Stakeholder, die sich nicht dafür interessieren was ihre Scrum Teams im letzten Sprint fertiggestellt haben, ist vermutlich schon so alt wie die Idee der Sprint Reviews selbst. Sinnvoller als sich zu beschweren ist es aber, die Termine so zu gestalten, dass die Stakeholder von sich aus gerne kommen. Einige Ideen dazu wie das gehen kann hat Mike Cohn hier aufgeschrieben. Sie erscheinen banal, würden aber in vielen Fällen zu deutlichen Verbesserungen führen.