Montag, 20. März 2023

The Agile Bookshelf: How Big Things Get Done

Bild: Wikimedia Commons / Fred Romero - CC BY 2.0

Da die anekdotische Evidenz auf der viele Berater-Ratschläge beruhen, eine recht dünne Grundlage für Entscheidungen sein kann, ist es um so willkommener, wenn jemand seine Aussage auf Basis einer soliden Datenbasis macht. In diesem Fall ist es einmal mehr der Oxford-Professor Bent Flyvbjerg, dessen Forschung ich ja von Zeit zu Zeit bereits zitiert habe. Seine neuesten Erkenntnisse hat er in einem Buch zusammengefasst, das den schönen Namen How Big Things Get Done trägt.


Das Thema des Buches ist sein Forschungsschwerpunkt, das Scheitern und Gelingen grosser Projekte, wobei "gross" hier eine weite Spanne umfasst. Behandelt werden riesige Vorhaben wie das der Bau des Guggenheim-Museum in Bilbao oder das Drehen eines Hollywood-Films, aber auch relativ kleine wie die (spektakulär aus dem Ruder gelaufene) Renovierung einer Küche in einem New Yorker Wohnhaus. Insgesamt hat er tausende untersucht, und in ihnen macht er zwei Grundmuster aus.


Scheiternde Projekte zeichnen sich für Flyvbjerg durch ein Vorgehen aus, dass er "thinking fast, acting slow" nennt, und bei dem ein wenig durchdachter Plan zu ständigen Umsetzungsproblemen führt. Umgekehrt führt "thinking slow, acting fast", also ein sorgfältiges Planen, zu einer schnellen und problemlosen Umsetzung. Aber bedeutet das etwa, dass er durch seine Forschung die Überlegenheit eines Wasserfall-Vorgehens bewiesen hat? Nun, nicht ganz.


Gute Planung im Sinn von thinking slow zeichnet sich laut seinem Buch dadurch aus, dass sie bereits in sich iterativ angelegt ist und in kurzen Zyklen versucht, Annahmen und Hypothesen zu validieren. Als Methoden mit denen das stattfinden kann, nennt er neben Klassikern wie Coputer-aided Design und Lean Startup auch eher unbekannte wie das Pixar-Planning auch der gleich benannten Firma. Diese Vorgehensweisen entsprechen eher agilem Vorgehen als Wasserfall.


Ebenfalls einem agilen Ansatz entsprechend ist die Art der Umsetzung, die regelmässig in Fällen von thinking slow, acting fast zu finden ist: Modularität. Wenn statt auf einen Big Bang-Release darauf hingearbeitet wird, dass viele kleine, bereits für sich Mehrwert stiftende Liefergegenstände erzeugt werden, dann wird das Projekt erfolgreicher. Und Flyvbjerg erklärt das nicht nur am Beispiel von Software, sondern auch anhand von Hochhäusern, U-Bahnen und Satelliten.


Für alle die seinen Erkenntnissen nicht folgen wollen zeigt er deutliche Konsequenzen auf. Eine der von ihm aufgeführten Statistiken besagt zum Beispiel, dass 18 Prozent aller IT-Projekte die geplanten Kosten um mehr als 50 Prozent überschreiten, dass in dieser Gruppe die Überschreitung im Durchschnitt (!) aber bei 447 Prozent liegt (!). Wenn es schief geht, dann richtig. [Siehe dazu auch seinen Artikel The Empirical Reality of IT Project Cost Overruns]


Um kein Missverständnis entstehen zu lassen, How Big Things Get Done ist keine Buch über Agile Vorgehensmodelle (der Begriff Agile kommt kein einziges mal vor), es zeigt aber empirisch validiert auf, dass viele Grundprinzipien auf denen agiles Arbeiten aufbaut eher zu erfolgreichen Projekten führen als solche die eher klassisch durchgeführt werden. Alleine, dass das aus einer externen Perspektive bestätigt wird, macht das Buch zu einem, dass man auch ausserhalb der Agilen Filterblase empfehlen kann.

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