Kommentierte Links (XCVIII)
Das Internet ist voll von Menschen die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die erwähnenswertesten.
Mit Erfindungen wird von den meisten Menschen automatisch etwas Neues in Verbindung gebracht. Dass oft sogar das Gegenteil der Fall ist zeigt Nils Markwardt in diesem lesenswerten Text auf. Ein Großteil der bekannteren Erfindungen (von der Uhr über den Motor bis zum Computer) ist entstanden um Bestehendes effizienter und beherrschbarer zu machen und damit zu erhalten. Bei etwas Nachdenken ist das auch nachvollziehbar - die meisten Innovationen erfüllen den Zweck, real existierende Probleme zu lösen - und die entstehen nun mal aus dem Ist-Zustand heraus.
Ich muss gestehen, dass ich schon immer eine leichte Skepsis gegenüber Design Thinking hatte. Natürlich, vom Problem aus denken, crossfunktional zusammenarbeiten, Kreativtechniken nutzen und möglichst früh Feedback einholen sind sinnvolle Konzepte, und in den meisten Organisationen wird das viel zu wenig gemacht. Die grosse Schwäche besteht aber darin, dass am Ende lediglich ein rudimentärer Prototyp steht (oft nur in Form eines Bildes oder einer Lego-Konstruktion). Ob der wirklich ein Problem lösen kann oder in eine Fertigung überführt werden kann ist objektiv kaum validierbar. Rebecca Ackermann stellt diese Problematik dankenswerterweise ausführlich dar.
Diese Idee von Assaph Mehr gefällt mir. Ein digitales Produkt sollte man sich nicht vorstellen wie eine grosse Maschine, deren Einzelteile in einem fliessbandartigen Fertigungsprozess entstanden sind, sondern eher wie einen Garten. Er wächst und blüht, braucht aber auch Pflege, Gestaltung und von Zeit zu Zeit eine gründliche Entferung der Unkräuter. Was für mich in diesem gedankliche Bild besonders entscheidend ist: Gärtner (Entwickler) und Besucher (Nutzer) sind im selben Garten unterwegs und interagieren in ihm. Anders in einer Fabrik findet keine Auslieferung statt sondern eine Einladung zu gemeinsamen Benutzung.
Seit Scrum erfunden wurde gibt es die Debatte, ob die Rolle des Scrum Masters nicht auch in Teilzeit ausgeübt werden könnte. Entweder mit dem Ziel, dass ein Scrum Master in mehreren Teams Mitglied sein kann, oder mit der Idee, dass eines der Teammitglieder den Job zusatzlich zu seiner sonstigen Arbeit machen kann. Erik de Bos ist diesen zweiten Weg gegangen und teilt seine Erfahrungen in diesem Praxis-Bericht. Wie so oft gibt es auch hier keine klare Antwort darauf ob solche Konstellationen gut sind oder nicht, es zeigt sich aber, dass sie zumindest nicht unproblematisch sind.
Was John Cutler hier beschreibt kann man in zahlreichen Veränderungsvorhaben beobachten. Veränderungen sollen häufig dadurch erziehlt werden, dass etwas hinzugefügt wird - Features, Rollen, Prozesse, Verbindungen, etc. Dass es genauso sinnvoll sein kann (oder sogar noch sinnvoller), bestehende Elemente zu entfernen wird dagegen vergleichsweise selten bedacht. Die Gründe dafür sind menschlich (Gewöhnung, Sicherheit, Sunk Cost Fallacy, etc), ein wirkliches Argument gegen das Weglassen sind sie aber nur selten.