Kommentierte Links (XC)
Das Internet ist voll von Menschen die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die
erwähnenswertesten.
Dass Teams so lange wie möglich in unveränderter Konstellation bestehen sollen ist ein Dogma von dem sich die
agile Community gerade löst, nicht zuletzt dank des
Dynamic Reteaming-Konzepts. Da andererseits das in vielen Grossunternehmen übliche permanente Durcheinanderwürfeln der Mitarbeiter massive Nachteile mit sich bringt stellt sich die Frage, wie lange wohl der optimale Zeitraum sein sollte in dem ein Team stabil zu halten ist. Jeff Gothelf gibt die einzig wahre Antwort darauf (es kommt darauf an), ergänzt diese aber um ein Modell der langsamen aber kontinuierlichen Veränderungen, in dem ein- oder zweimal pro Jahr einzelne Mitglieder stabiler Teams in andere Bereiche wechseln und ihre Erfahrung dort einbringen, während ihre bisherige stabile Umgebung genutzt wird um neuen Kollegen einen einfachen Einstieg zu ermöglichen.
Mal wieder etwas eher Geisteswissenschaftliches. Charles Lambdin überträgt
einige Erkenntnisse aus Jonathan Rauchs Buch Kindly Inquisitors auf die agile Produktentwicklung. Während Rauch mit Verweisen auf Adam Smith, Charles Darwin, John Locke, Bertrand Russell und Karl Popper
belegt, dass es in der (scheinbar empirischen) modernen Wissenschaft keine absoluten Wahrheiten gibt, sondern nur Zwischenstände auf dem Weg zum nächsten Erkenntnisschritt, sieht Lambdin das Gleiche als eine der zentralen Rahmenbedingungen der Agilität an. In beiden Bereichen folgt aus dieser Grundthese, dass eine Zuschreibung von Richtig und Falsch (wenn überhaupt) nur für die eingesetzten Vorgehensweisen möglich ist, nicht aber für die erzielten Ergebnisse. Food for Thought.
"Der Witz am oftmals desolaten Zustand der Digitalisierung in Verwaltung und Gesundheitswesen ist eigentlich: Vieles davon ist – in Theorie – „digitalisiert“." Mit diesem Satz beschreibt Bianca Kastl ein Phänomen, das auch aus anderen Branchen bekannt ist. Die ursprünglich revolutionären und modernen ersten Digitalisierungsvorhaben sind mittlerweile in die Jahre gekommen, und was ursprünglich dazu beigetragen hat die Arbeit einfacher, schneller und nachvollziehbarer zu machen ist nach einer langen Phase des Wildwuchses, mangelhafter Wartung und unterlassener Modernisierung in einem beklagenswerten Stadium angekommen. Dieser Beitrag soll den Auftakt zu einer Reihe bilden in der beschrieben wird wie es besser geht. Man kann gespannt sein.
Wer hier schon länger mitliest wird wissen, dass ich zur Remote-Arbeit ein ambivalentes Verhältnis habe. Auf persönlicher Ebene kann sie unbestreitbare Vorteile haben und auf Teamebene kann man ihre Nachteile kompensieren, auf der Gesamtorganisations-Ebene schwächt sie aber die Zusammenarbeit und das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Teams und Abteilungen. Was Derek Thompson hier beschreibt ist eine Folge die ich bereits selbst in verschiedenen Firmen beobachtet habe: mehr mittleres Management. Das ist nicht per se schlecht, gerade in einem agilen Arbeitskontext aber gegenläufig zu den dort eigentlich angestrebten Zielen von Dezentralisierung, Subsidiarität, Ownership und Empowerment.
Als letztes ein wirklich langer Text. Augenzwinkernd könnte man sagen, dass Leigh Griffin und Arjay Hinek mehr als 3500 Wörter brauchen um auch wieder nur "Kommt drauf an" zu sagen, tatsächlich sind aber sowohl diese Aussage als auch die Länge für das Thema angemessen. Es sind nunmal sehr viele Faktoren und Dynamiken die hier zusammenspielen und die zu berücksichtigen sind.