Das Internet ist voll von Menschen die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die
erwähnenswertesten.
Die Lean Essays von Mary Poppendieck sind leider selten geworden, dieser hier ist der erste seit über zwei Jahren. Wie immer hat sich das Warten aber gelohnt, was wir hier bekommen ist ein langes Stück über das Phänomen, dass in vielen Unternehmen durchgehend mehr zu tun ist als abgearbeitet werden kann. Neben einer Analyse der Ursachen (Spoiler: es hat mit fehlender Effizienz und der fehlenden Bereitschaft Nein zu sagen zu tun) nennt sie drei mögliche Wege dieser Situation zu entkommen - eine Priorisierung der Abarbeitung bestehender Aufträge über der Annahme von neuen, eine Optimierung des Gesamt-Arbeitsflusses statt einer Beschleunigung von Einzelaufgaben und die Einrichtung von alleinverantwortlichen Teams, die (Teil-)Produkte möglichst ohne Abhängigkeiten und Zulieferungen erstellen können.
Das Erklären von
technischen Schulden und Refactoring für Menschen ohne technisches Verständnis dürfte eine der grössten Herausforderungen in IT-Projekten oder Software-nutzenden Organisationen sein. Tim Ottinger stellt hier eine von ihm verwendete Analogie vor: eine "historisch gewachsene" Eingabe-Maske einer Anwendung, der immer weitere Felder hinzugefügt wurden, die in immer komplizierteren Beziehungen zueinander stehen und dadurch immer fehleranfälliger werden. Wer irgendwann mit grossen, über längere Zeit entstandenen Anwendungen gearbeitet hat wird ahnen, dass diese Erklärung einen Ursprung in einem real existierenden Beispiel haben dürfte, aber auch für Menschen ohne derartige Erfahrungen sollte sie verständlich und nachvollziehbar sein.
John Cutlers Feature Factory-Analysen ziehen sich mittlerweile durch mehrere Jahre. Nach dem mittlerweile legendären Auftakt-Artikel
12 Signs You’re Working in a Feature Factory aus dem Jahr 2016 und der Fortsetzung
12 Signs You’re Working in a Feature Factory — 3 Years Later aus dem Jahr 2019 ist diesen Monat der dritte Teil erschienen: Scaled Feature Factories (bei gleichbleibendem Rhythmus kommt Teil Vier dann 2025). Die Kern-Aussage: Feature Factories (IT-Organisationen die auf "Akkord-Programmierung" optimiert sind um feste Lieferdaten zu erreichen) entstehen nicht aus einer Laune oder aufgrund problematischer Menschenbilder, sondern haben systemische Ursachen, die man verstehen muss wenn man versuchen will etwas zu verändern.
Apropos systemische Ursachen. Was Willem-Jan Ageling hier zusammenträgt zeigt deutlich auf, wie Umgebungsfaktoren dazu beitragen können, dass Scrum Teams nicht in der Lage sind ihre Leistung zu erbringen. Micro-Management durch Manager ausserhalb der Teams, ein Fokus auf Planerfüllung statt auf Nutzer-Bedürfnisse, Untergraben der Teamziele durch abweichende Ziele für Einzelpersonen, Untergrabung der Moral durch häufige Einforderung von Überstunden, Multitasking durch Starten zu vieler paralleler Projekte und Nicht-Beseitigung externer Störfaktoren können in Summe derartig behindernd auf die tägliche Arbeit einwirken, dass selbst die bestmöglich durchgeführten teaminternen Meetings und Abläufe kaum noch zu brauchbaren Ergebnissen führen.
Zuletzt ein Klassiker: wie in einem agil arbeitenden Umfeld Verträge gestaltet sein sollten, bzw. wie man es besser nicht machen sollte. Anthony Mersino zeigt einige der Fehler auf die häufig gemacht werden und verweist auf zwei der wichtigsten Ansätze für eine bessere Durchführung -
Money for Nothing and Change for Free von Jeff Sutherland und den
Agile Contracts Primer von Tom Arbogast, Craig Larman und Bas Vodde. Obwohl beide schon über zehn Jahre alt sind haben sie noch nichts von ihrer Aktualität eingebüsst.