Modern Agile
Grafik: modernagile.org - CC BY-SA 4.0 |
Es soll ja Menschen geben denen sogar ein so minimalistisches Framework wie Scrum noch immer zu viele vorgegebene Regeln, Rollen und Meetings hat. Für diese Menschen (und erfunden von einigen von ihnen) gibt es einen der minimalistischsten agilen Ansätze: Modern Agile. Keine Rollen, keine Meetings, keine Sprints und keine Vorgaben. Nur vier Prinzipien und einige empfohlene Praktiken, die man befolgen kann aber nicht befolgen muss.
Die Prinzipien sind Make People Awesome, Make Safety a Prerequisite, Experiment & Learn Rapidly und Deliver Value Continuously. Es handelt sich bei ihnen nicht um konkrete Handlungsanweisungen sondern um grundlegende Maximen, an denen man jede seiner Handlungen messen kann. Jede Handlung die man im beruflichen Kontext vornimmt sollte auf mindestens eines der Prinzipien einzahlen, ist das nicht der Fall sollte man hinterfragen ob man sie wirklich braucht.
Hinter Make People Awesome (mache die Menschen grossartig) verbirgt sich sowohl eine Leitlinie für den Umgang mit den Käufern und Nutzern des eigenen Produkts als auch eine für den Umgang mit den eignenen Mitarbeitern. Die Idee dahinter ist, dass Produkte und Firmen kein Selbstzweck sind sondern nur Mittel um Nutzern und Mitarbeitern grösstmögliche Selbstentfaltung und Produktivität zu ermöglichen. Diese sollte daher im Mittelpunkt von Produkt- und Organisationsentwicklung stehen.
Make Safety a Prerequisite (mache Sicherheit zur Vorbedingung) umfasst in erster Linie die psychologische Sicherheit, also die Gewissheit im Arbeitskontext alle Meinungen zu äussern und Fragen stellen zu können ohne dafür angegriffen, gedemütigt oder von oben herab behandelt zu werden. In einer weiteren Deutung gehört dazu auch die Arbeitssicherheit, also das Vorhandensein von Techniken und Routinen zur Verhinderung und Begrenzung von Unfällen und Schäden.
Experiment & Learn Rapidly (experimentiere und lerne schnell) ist am deutlichsten als agiles Prinzip erkennbar. Über das klassische Inspect & Adapt geht es allerdings hinaus, da es nicht nur die regelmässige Überprüfung von Teilergebnissen beinhaltet sondern auch die Gewinnung von Wissen durch ergebnisoffene Experimente. Wichtig ist, dass das schnell geschehen soll, die Lern- und Experimentier-Zyklen also möglichst kurz sein sollen.
Deliver Value Continuously (liefere kontinuierlich Mehrwert) geht in eine ähnliche Richtung. In einer bewussten Abkehr von Jahres-, Quartals- und sogar Sprint-Releases soll die Auslieferung neuer Features und Services nicht nur in kurzen Abständen erfolgen sondern auch möglichst regelmässig, idealerweise täglich. Dabei soll nicht bloss ein einmal gefasster Plan abgearbeitet werden, sondern auch der soll sich als Ergebnis der Auslieferung ständig ändern.
Obwohl ursprünglich nicht vorgesehen haben die Erfinder von Moder Agile später ein Mapping ihrer vier Prinzipien auf das Manifest für agile Softwareentwicklung adaptiert:
Neben dem Prinzipien-Teil gibt noch die zu Beginn genannten empfohlenen Praktiken. Zu ihnen gehören unter anderem Charter-Veranstaltungen zu Projektbeginn, Elemente aus Lean Startup und Lean UX, Continuous Integration, Refactoring, Blameless Retrospectives, Radar Charts und Pair- bzw. Mob-Programming. Umgekehrt wird auch von einigen Elementen abgeraten, unter anderem von Sprints, Product Owner- und Scrum Master-Rollen und Story Points.