Driven Development
Grafik: Wikimedia Commons / Nevit Dilmen - CC BY-SA 3.0 |
Was motiviert eigentlich die Menschen bei ihrer täglichen Arbeit? Gerade im Rahmen der agilen Produktentwicklung ist diese Frage zentral, schliesslich beruht das ganze Konzept darauf, dass (teil-)autonome, selbstorganisierte Teams ohne Detailsteuerung durch einen Manager ihre Arbeit erledigen. Der Antrieb muss also von innen kommen, und nicht nur das - es sollte auch einer sein, der sich in einem Team- und Ergebnis-orientierten Verhalten manifestiert.
Auf diese Überlegung lässt sich noch weiter aufbauen. Bedingt durch Unternehmenskultur, Belohnungs- und Bestrafungs-Muster, berufliche Sozialisierung und Personalauswahl werden die Antriebe der verschiedenen Mitarbeiter in vielen Fällen ähnlich sein (oder über die Zeit ähnlich werden). Die verbreitetsten unter den Motivationen werden damit auch zu den (inoffiziellen) Treibern der gesamten Produktentwicklung. Deshalb ist es wichtig zu differenzieren: welche derartig von Motivationen angetrieben Entwicklungs-Typen gibt es und was bewirken sie?
Fear Driven Development
Gleichzeitig der unschönste Typ und einer der am weitesten verbreiteten. In ihm werden die Menschen von Angst getrieben, sei es die Angst vor der Kündigung, die Angst vor öffentlich vorgetragenen Schuldzuweisungen oder die Angst vom Chef angeschriehen zu werden. Die Auswirkung ist eine Kultur in der versucht wird Fehler zu vermeiden (mit mehr Sorgfalt, aber auch mit mut- und risikolosen Entscheidungen) oder in der gemachte Fehler versteckt und vertuscht werden.
Incentive Driven Development
In gewisser Weise das Gegenstück zum letzten Typ, allerdings wird eine positive Sanktionierung angestrebt statt eine negative. Es tritt dort auf wo Gehaltserhöhungen oder Bonuszahlungen an bestimmte Ziele gekoppelt sind. Das Problem - Geld kann zwar motivationssteigernde Auswirkungen haben, häufig sind sie aber auch negativ: nicht incentivierte Arbeit wird nachlässig erledigt, ungleiche Lohn-Niveaus entstehen und um das Geld zu bekommen werden mitunter Ergebnisse geschönt.
Promotion Driven Development
Eine Variante die das Incentive Driven Development enthält aber noch darüber hinausgeht. Zusätzlich zu mehr Geld umfasst die Belohnung jetzt auch einen höheren Status und einen grösseren Einfluss. Auch diese Aussicht kann zwar zu Leistungssteigerungen führen, aufgrund der beschränkten Anzahl der Positionen in die befördert werden kann entsteht oft aber auch eine Ellenbogen-Mentalität, bei der der eigene Erfolg wichtiger ist als der des Teams.
Resume Driven Development
Eine Sonderform die in erster Linie externe Mitarbeiter betrifft (oder interne die bald den Job wechseln wollen). Der damit verbundene Antrieb ist es, möglichst viele beeindruckend klingende oder den eigenen Marktwert steigernde Tätigkeiten in den Lebenslauf schreiben zu können um so auf dem Job-Markt bessere Aufträge zu bekommen. Aus Team- und Firmensicht ist das ein eher schädlicher Motivationstreiber, da er dazu führen kann, dass andere Themen bewusst vernachlässigt werden.
Hype Driven Development
Egal ob es die neuesten Tools, die gerade angesagte Programmiersprache oder die zur Zeit moderne Methode sind, das Hype Driven Development wird davon getrieben, dass die Beteiligten immer auf die aktuellen Trends aufspringen und sie bei sich umsetzen möchten. Das kann Vorteile haben (Stillstand und veraltende Herangehensweisen werden vermieden), kann aber auch zu unnötig häufigen Umstellungsaufwänden führen, durch die wichtigen Themen weniger Kapazität zur Verfügung steht.
Ego Driven Development
In gewisser Weise der Hype einer Person um sich selbst. Dort wo das eigene Ego so gross ist, dass man sich nur noch mit den wichtigsten und forderndsten Aufgaben beschäftigen will tritt es genauso auf wie bei eher kleinen Egos, die wichtige Aufgaben zu Kompensationszwecken benutzen. In die richtige Richtung gelenkt kann man zum geschätzen Experten werden (der dann aber oft zum Flaschenhals wird), häufig sind aber auch Besitzstandsdenken und fehlende Kritik- und Zusammenarbeits-Fähigkeit.
Responsibility Driven Development
Dafür würde das deutsche Wort "Pflichterfüllung" passen. Getrieben von einem Arbeitsethos das Zufriedenheit aus der guten Ausübung der übertragenen Aufgabe zieht trägt hier jeder seinen kleinen teil zum grossen Ganzen bei. Aus Organisationssicht eine gute Variante, wenn auch eine die nicht ganz ohne Risiko ist - schlimmstenfalls werden hier auch missverstandene oder obsolet gewordene Aufgaben unbeirrt ausgeführt, sogar dann wenn das Gesamtsystem davon geschädigt wird.
Altruism Driven Development
An dieser Stelle geht es schon sehr stark in Richtung Selbstorganisation. Der Motivationstreiber ist die Zufriedenheit die aus dem erfolgreichen Helfen und Reparieren entstehen kann. Das führt dazu, dass nicht nur die eigene Aufgabe erledigt wird sondern auch dort eingesprungen wird wo es Kapazitäts- und Prozesslücken gibt. Aus Gesamtsicht etwas Gutes, mit dem kleinen Mangel, dass inoffizielle und damit auch intransparente Strukturen entstehen können.
Passion Driven Development
Hinter dem Passion Driven Development steht der glückliche Umstand, dass ein Themenfeld für das man sich begeistern kann auch Gegenstand der eigenen Arbeit ist. Die intrinsische Motivation für Engagement und hohen Qualitätsanspruch ist damit gegeben, und das ggf. sogar in Verbindung mit Selbstlosigkeit. Dort wo das Thema wichtiger ist als das eigene Ego liegt es im Eigeninteresse auch andere zu unterstützen und ihnen zu helfen. Aus Organisationssicht eine sehr gute Variante.
Mission Driven Devolopment
Dem letzten Typ nicht unähnlich, aber mit einer entscheidenden Unterscheidung: wenn nicht nur das Vorantreiben eines bestimmten Themas ein Motivator ist sondern der Erfolg eines ganzen Unternehmens (bzw. seiner Mission) steigt die Bereitschaft auch Themen zu übernehmen und gut umzusetzen die für sich genommen nicht begeisterungsfähig wären. Aus Organisationssicht ein Ideallfall unter den Motivationstreibern.
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Natürlich gibt es sicher noch weitere Typen von in der Produktentwicklung anzutreffenden Motivationstreibern, die wichtigsten dürften aber hier aufgeführt sein. Und selbst wenn es die eine oder andere Führungskraft schmerzen dürfte: Jahres-, Meilenstein-, Produktivitäts-, Gewinn-, Einsparungs- und ähnliche Ziele stehen hier mit gutem Grund nicht. Die sind zwar in den meisten Fällen gut und richtig, wirklich motivierend sind sie aber praktisch nie.
[Edit] Danke für den Input, es wurden noch einige Varianten ergänzt.