Dienstag, 26. Januar 2021

Paradoxe und konsistente Kommunikation

Bild: Pexels / Andrea Piacquadio - Lizenz

Zu den grössten Herausforderungen die agile Transitionen in bisher klassisch geprägten Unternehmen mit sich bringen gehört die begleitende Kommunikation. Vor allem dort wo die Mitarbeiter schon eine Reihe von Top-Down durchgeführten, auf "Ressourcenoptimierung" ausgelegten oder schlecht begründeten Change-Programmen hinter sich haben ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es zu Change Fatigue, Konzern-Anarchismus und brauchbarer Illegalität kommen wird wenn der Verdacht aufkommt, das die Veränderungen "mal wieder" nicht ernst gemeint sind - und dieser Verdacht kann durch kaum etwas so schnell ausgelöst werden wie durch unstimmige Botschaften.


Gerade um dieses Risiko auszuräumen ist es mittlerweile zum Standard geworden grössere Change-Programme mit aufwändigen Kommunikationskampagnen zu begleiten, in denen wiederholt und eloquent dargelegt wird, dass es diesesmal wirklich ernst gemeint ist mit der neuen Arbeitswelt und der neuen Unternehmenskultur. Jeglicher Verdacht auf fehlende Ernsthaftigkeit soll auf diese Art und Weise von Anfang an zerstreut werden. Soweit die Theorie. In der Realität sind es häufig gerade diese Kampagnen durch die das Misstrauen in der Belegschaft so richtig angefacht wird.


Um zu verstehen warum das so ist, ist ein kurzer Exkurs in die Wissenschaft nötig. Es ist Konsens in Sozialpsychologie und Soziologie, dass Kommunikation mehr ist als das explizite Austauschen von Botschaften in Schrift-, Bild- und Ton-Form. Auch nonverbale Kommunikation, öffentliches Vorleben und sogar bewusstes und unbewusstes Unterlassen gehören dazu. Berühmt ist z.B. Paul Watzlawicks Axiom "Man kann nicht nicht kommunizieren", ebenfalls bekannt ist Niklas Luhmans Definition, dass soziale Systeme praktisch nur aus Kommunikation bestehen. Alles was Menschen tun ist potentielle Kommunikation.


Zurück in die Realität. Ausgehend von der Erkenntnis, dass alles Handeln und Verhalten Teil der Kommunikation sein kann, stellt sich die Wirkung von Change-begleitenden Kommunikationskampagnen anders dar. Sie sind nur ein Teil der Gesamtkommunikation, der andere ist das tägliche Tun (und Unterlassen) der jeweils anderen Organisations-Mitglieder, und unter ihnen herausgehoben der Führungskräfte. Diese verschiedenen Kommunikations-Bestandteile werden von ihren Empfängern bewusst oder unbewusst gesammelt und zu einem Gesamtbild zusammengefügt.


Ist dieses Gesamtbild in sich widersprüchlich (z.B. wenn Feedback-Kultur gepredigt wird aber kritisches Feedback ignoriert wird) liegt eine so genannte "paradoxe Kommunikation" vor. Dieses in Konflikt miteinander Stehen von Kommunikationsteilen (so genannte Doppelbotschaften) führt bei den Empfängern zum Gefühl von Unsinnigkeit oder Unehrlichkeit, womit meistens genau das eintritt was eigentlich verhindert werden soll - das Change-Programm wird abgelehnt, mit den zu Beginn genannten Abwehrhaltungen als Folge.


Soll es nicht dazu kommen ist es nötig, dass auf eine Art und Weise kommuniziert wird die von den Empfängern als widerspruchsfrei und in sich stimmig wahrgenommen wird, die Rede ist dann von "konsistenter Kommunikation". Da in ihr das Gefühl vermittelt wird, dass Reden und Tun in Übereinstimmung sind, hat sie eine hohe Glaubwürdigkeit. Dadurch wird eine höhere Bereitschaft erzeugt sich auf die vermittelte Botschaft einzulassen, was in diesem Fall bedeuten würde sich am Change-Programm zu beteiligen und ihm so zum Erfolg zu verhelfen.


Das kurze Fazit der langen Geschichte: wer Organisationen erfolgreich verändern will muss das was er von anderen fordert selbst vorleben. Wenn das nicht geschieht wird es hingegen sehr, sehr schwer. Bei der Konzeption Change-begleitender Kommunikationskampagnen sollte daher immer bedacht werden, dass das tägliche Handeln und Verhalten entscheidend dafür ist ob die Kommunikation als paradox oder konsistent wahrgenommen wird. Man hat die Wahl.

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