Montag, 27. April 2020

Scrum Master oder Team Coach? (revisited)

Bild: Pexels / Jopwell - Lizenz
Bemerkendwerte fünf Jahre ist es her, dass auf dieser Seite der Artikel Scrum Master oder Team Coach veröffentlicht wurde. Seine Inhalte: es gibt bei Teams unterschiedliche Reifegrade des Verständnisses von Scrum, diese Reifegrade erfordern unterschiedliche Vorgehensweisen des Scrum Masters, in fortgeschrittenen Teams etabliert sich die Rollenvariante eines Team Coaches. Zeit für einen Blick zurück - macht das was dort steht auch aus heutiger Sicht noch Sinn, oder ist das alles mittlerweile überholt und neu zu bewerten? Die überraschende Antwort - es macht noch Sinn, aber trotzdem ist es irgendwie anders gekommen. Aber der Reihe nach.

Dass es unterschiedliche Reifegradstufen von Teams auf ihrer Reise in Richtung Scrum gibt dürfte weiterhin unbestritten sein, das ist noch heute genauso richtig wie es damals offensichtlich gewesen ist. Und auch dass diese unterschiedlichen Reifegrade unterschiedliche "Betreuungsansätze" erfordern ("Master" und "Coach") dürfte unverändert zutreffen. In dieser Hinsicht kann der alte Artikel also noch immer unverändert stehen bleiben.

Über die dort beschriebenen Reifegradmodelle für Scrum Master und Teams konnte man schon damals ausgiebig diskutieren. Wie bei fast allen Modellen trifft auch für diese beiden zu, dass sie vereinfachen und generalisieren müssen um allgemein anwendbar zu sein, dazu kommt noch, dass sie bewusst plakativ und kontrovers formuliert wurden um Diskussionen anzustossen. Mit diesen Informationen im Hintekopf sind sie auch heute noch anwendbar.


Bis hierher könnte man also sagen, dass alles so geblieben ist wie damals gedacht. Kann man also einen Haken daneben setzen und sich darauf vorbereiten in fünf weiteren Jahren eine erneute Überprüfung zu machen? Nun, ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Denn eines ist anders gekommen: die Bezeichnung "Team Coach" hat sich nicht durchgesetzt, stattdessen spricht man eher vom "Agile Coach". Und dieser Begriff ist zwar einerseits besser, entwickelt sich aber mitunter in merkwürdige Richtungen.

Zunächst zum Positiven. Dass heute nur noch selten bis nie von Team Coaches gesprochen wird ist auf zwei Schwächen dieses Begriffs zurückzuführen. Zum einen hat er keinen erkennbaren Bezug zu den Themen Agilität/Scrum mehr, was gegebenenfalls seine Legitimation als Antreiber der agilen Transition untergraben kann. Zum besteht durch die explizite Benennung als Coach des Teams das Risiko, dass die (notwendigen) Tätigkeiten ausserhalb des Teams in Frage gestellt werden. In beiden Hinsichten ist der mittlerweile etablierte Agile Coach besser.

Die andere, problematische Seite besteht darin, dass viele Scrum Master und Agile Coaches sich heute prinzipiell immer in der fragenden, begleitenden und reflektierenden Coach-Rolle sehen, selbst dort wo der Reifegrad des Teams eher den (ebenfalls vor fünf Jahren beschriebenen) bestimmenden Scrum Master brauchen würde. Wie viele dogmatisch/kategorischen Ansätze bringt auch dieser Probleme mit sich, die schlimmstenfalls dazu führen, dass dem Team dringend nötige Unterstützung verwehrt bleibt.

Die spezifischen Ausprägungen eines heutigen Agile Coaches wären nochmal einen eigenen Artikel wert, wenn man die zuletzt genannten Antipattern weg lässt kann er aber die Rolle einnehmen die vor fünf Jahren noch als Team Coach beschrieben wurde. Ob das in fünf Jahren noch immer so sein wird oder ob auch hier Begriffs- und Verständnisänderungen eintreten werden wird spannend zu beobachten sein.

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