Wann ist eine agile Transformation abgeschlossen?
Bild: Wikimedia Commons / Erwin Sooputa - CC BY 2.0 |
Das Argument für diese These ist, dass sich Märkte, Kunden und Technologien ununterbrochen ändern, und das auf unabsehbare Zeit.1 Um damit mithalten zu können müssen sich auch Unternehmen permanent ändern um nicht den Anschluss zu verlieren. Was implizit in dieser Argumentation mitschwingt ist die Gleichsetzung der agilen Transition mit der ständigen Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen. Akzeptiert man diese Gleichsetzung ist es richtig, ein Ende der Transition gibt es nicht, bzw. nur mit dem Preis der Aufgabe der Agilität.
Es ist aber auch eine andere Sichtweite möglich. In ihr umfasst die Transition nur die Phase in der noch die alte, starre, von Langfristplanung und Jahresbudgets getriebene Organisation existiert, in der sie aber bereits Anstrengungen unternimmt um sich selbst umzubauen (ein häufiger Indikator für derartige Phasen ist die Existenz eines Transformations- oder Transitionsteams). Wenn dieser Umbau mit dem richtigen Ziel erfolgt ist er abschliessbar, und mit ihm auch die Transition. Bleibt nur die Frage: was ist dieses "richtige Ziel"?
Um mit der negativen Definition zu beginnen: die Einführung neuer Rollen und Meetings sollte nicht das Ziel sein, dadurch ändern sich Formalismen und sonst nichts. Auch das "Nachbauen" von erfolgreichen Veränderungen anderer Unternehmen ist keine gute Idee, alleine deshalb weil diese Erfolgsgeschichten meistens nur Momentaufnahmen aus längeren Verbesserungsprozessen sind. Das aus der "agilen Perspektive" richtige Vorhaben ist es dagegen, aus der eigenen Firma eine "lernende Organisation" zu machen, die in der Lage ist sich schnell an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Und dieses Transformationsziel ist nicht nur erreichbar, es ist sogar messbar.
Klassische Metriken die erreicht werden können um eine agile Transition dieser Definition abzuschliessen wären verschiedene Ausprägungen von Lead Time und Cycle Time (die im Sinn der agilen Prinzipien so kurz wie möglich sein sollten):
- Time to Market (Zeit zwischen Produktidee und Produkteinführung)
- Processing Time (Gesamtdauer aller Be- und Verarbeitungsschritte)
- Feedback Loop Time (Zeit zwischen Produktidee und Benutzer-Feedback)
- Feedback Implementation Time (Zeit bis zur Umsetzung von Anwender-Wünschen)
- Time to Recovery (Zeit zwischen Systemausfall und Wiederherstellung)
- Time to Process Adaption (Zeit zwischen erkannter Notwendigkeit und Umsetzung von Prozessverbesserungen → betrifft Massnahmen die die anderen Werte niedrig halten)
- Je nach Situation noch weitere
Wenn eine agile Transformation mit dem erklärten Ziel begonnen wurde derartige Werte unter eine definierte Schwelle zu drücken ist sie in dem Moment erfolgreich in dem das gelungen ist. Idealerweise folgt darauf ein permanentes Monitoring, in dem sichergestellt wird, dass die Zahlen auf einem niedrigen Niveau stabil bleiben und Abweichungen im Normalbetrieb erkannt und behoben werden können. Das Transitionsteam kann aufgelöst werden wenn das für einen gewissen Zeitraum gelungen ist, da sich das Unternehmen dann mit nachvollziehbarer Begründung agil nennen kann. Und sollten die Werte irgendwann in der Zukunft nicht mehr im Normalbetrieb niedrig zu halten sein startet man eben eine neue Transformation.
Es bleibt nur die letzte Frage: entspricht die "nahezu abgeschlossene" Umwandlung der zu Beginn genannten Firma Geutebrück diesen Kriterien? Anhand der Pressemitteilung ist es nicht zu erkennen, dafür liegt ihr Schwerpunkt zu sehr auf Management-Personalien. Zu wünschen wäre es ihr.
1Natürlich gibt es auch stabile Märkte, in denen machen agile Transitionen aber kaum Sinn und finden kaum statt