Montag, 9. September 2019

Den Maschinenpark in Ordnung halten

Bild: Wikimedia Commons / Mixabest - CC BY-SA 3.0
Stellen wir uns die folgende Situation vor: eine Firma besitzt zur Herstellung ihrer Produkte eine grosse Produktionshalle voller Maschinen. Diese sehen auf den ersten Blick gut aus, bei näherer Betrachtung finden sich aber zahlreiche Beschädigungen. Keilriemen sind rissig, Schrauben haben gebrochene Gewinde und Verstrebungen sind stark verrostet. Solche Dinge. Die Schäden sind offensichtlich und allgemein bekannt, repariert wird aber nichts. "Dafür ist keine Zeit" heisst es als Begründung, "wir sind voll damit beschäftigt Güter zu produzieren." Was wäre von dieser Firma zu halten?

Nicht viel, wäre die Antwort. Denn selbst wenn die Auftragslage für eine Vollauslastung aller Maschinen sorgt ist eine unterlassene Instandhaltung fahrlässig. Mit zunehmendem Verschleiss wird es schwerer die Schäden zu reparieren, ab einem bestimmten Punkt weiten sie sich aus auf bisher nicht betroffene Teile, irgendwann bricht der Betrieb zusammen und muss in einer langen und aufwändigen Reparaturphase wieder aufgebaut werden - mit Kosten die wesentlich höher sind als es die kleinen Reparaturen zu Beginn gewesen wären.

Und doch ist es so, dass dieses widersinnige Verhalten permanent stattfindet, und zwar in zahlreichen Unternehmen, quer durch alle Branchen. Allerdings gibt es dabei eine Besonderheit: was hier nach und nach verfällt sind keine Maschinen sondern Software. Bugs werden nicht gefixt, schlechte Architektur wird nicht geradegezogen, fehlende Lastfähigkeit wird ignoriert. Die Folgen sind dagegen die selben wie bei der Maschine: die Probleme häufen sich und verstärken sich gegenseitig, bis irgendwann Nichts mehr geht und alles generalüberholt werden muss.1 Umsatz gibt es in dieser Zeit keinen mehr.

Bereits bei einem sich nicht verändernden System wäre das alles ein Grossproblem, dort wo regelmässig Um- und Ausbauten stattfinden müssen wird es zu einem riesigen. Dort wo intensiver Wettbewerb oder gesetzliche Regulierungen häufige Änderungen erfordern wird die Arbeit an einem nicht gewarteten System das Auftreten von Problemen wahrscheinlicher machen. Es ist wie bei einem Jenga-Turm - es ist nicht mehr die Frage ob eine Modifikation zum Zusammenbruch führt sondern nur noch wann das passiert. Und wenn dadurch Zieldaten verfehlt werden werden die Wettbewerber erfreut reagieren - und die Aufsichtsbehörden verärgert.

Schon in einem stabilen Umfeld macht es also grossen Sinn "den Maschinenpark in Ordnung zu halten", in einem dynamischen ist das erst recht der Fall. Und doch - häufig passiert es nicht. Das kann vielfältige Gründe haben: eine übermässige Focussierung auf kurzfristige Ziele, fehlendes technisches Verständnis der entscheidenden Personen und falsch verstandene Sparsamkeit dürften die häufigsten sein. Das in den grossen Kontext zu setzen und in vernünftigere Bahnen zu lenken muss in solchen Fällen ein vorrangiges Ziel sein. Sonst wird schon bald auch von diesen Firmen nicht mehr viel zu halten sein.


1Was schlimmstenfalls Monate dauern kann.

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