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Joe Procopio: How To Deliver Software Without Deadlines
Ein weiterer dieser nur scheinbar selbsterklärenden Begriffe. Genau wie #NoEstimates mehr ist als der Verzicht auf Aufwandsschätzungen ist Dateless Delivery mehr als arbeiten ohne Zieldatum. Joe Procopio geht sogar soweit und sagt, dass es auch hier ein Lieferdatum gibt, nur eben keines das vom Management unverrückbar festgesetzt ist. Stattdessen gibt es einen dynamischen, sich permanent aktualisierenden Forecast, basierend auf kleinen, schrittweisen Auslieferungen, ständigen Risiko-Neubewertungen, Abstimmungen mit Stakeholdern und darauf basierenden Priorisierungs-Anpassungen. Die Frage die sich stellt: tut man diesem hochgradig vernünftigen Vorgehen einen Gefallen wenn man es mit derart missverständlichen Kampfbegriff benennt, oder hätte es nicht auch eine weniger kontroverse Wortwahl getan?
Brett Luckabaugh: The Risk Management Paradox - Enable Your Teams By Giving Up Control
Ein grosses Plädoyer für selbstverantwortliche Teams, mit einer einfachen aber oft vergessenen Offensichtlichkeit: wer Selbstorganisation will muss sie zulassen - auch und vor allem dort wo es wichtig und kritisch ist. Das damit verbundene, scheinbar paradoxe Versprechen: ein Manager der sich dazu durchringt wird am Ende nicht weniger Kontrolle haben sondern mehr, da seine von unrealistischen Vorgaben befreiten Mitarbeiter ihm sorgenfrei alle Einsichten bieten können die sie einem drängelnden und gängelnden Vorgesetzten aus reinem Selbstschutz vorenthalten würden. Wenn es darum geht Selbstorganisation im eigenen Unternehmen zu verkaufen dürfte das eine wesentlich überzeugendere Idee sein als die im letzten Abschnitt genannten plakativen Negationen.
Ken Schwaber: Look at Capability, not Title
Möglicherweise die Ankündigung der nächsten Veränderung des Scrum Guide. Gegenstand könnte diesesmal die dritte Scrum-Rolle sein, die des Development Teams, bzw. Entwicklungsteams. Die hier andiskutierte Umbenennung in Delivery Team könnte auf Englisch vielleicht klärend sein, im Deutschen aber zu Verwirrung führen. Wäre "Auslieferungsteam" überhaupt ein Wort, und wenn ja, wäre es eines das erklärbar und verständlich wäre? Gegebenenfalls müsste statt einer Übersetzung der englische Originalbegriff verwendet werden, mit allen damit verbundenen Problemen. Man kann gespannt sein ob (und wenn ja wann) es dazu kommt.
Steve Denning: The Irresistible Rise Of Agile - A Paradigm Shift In Management
Manchmal könnte man das Gefühl bekommen, dass Steve Denning Agilität fast im Alleingang in Richtung Management Attention geschrieben hat, gegen alle Ablehnung und alle Widerstände. Wie immer ist die Welt vermutlich zu komplex für eine solche Leistung von nur einer Person, aber alleine das in diesem Jahr voll werdende Jahrzehnt journalistischer Begleitung ist eine beeindruckende Bilanz. Die spannende Frage ist jetzt, wie es vom mittlerweile erreichten (scheinbaren?) Gipfel weitergeht. Sowohl in Bezug auf die Popularisierung der Agilität als auch in Bezug auf Dennings Berichterstattung scheint es mittlerweile nicht mehr so, dass noch viel Neues kommen könnte. Vielleicht ist diese Wahrnehmung aber noch zu sehr durch die agile Filterblase geprägt. Unterstellend dass er über diese hinaus Leser erreicht könnte er noch einiges an Artikeln vor sich haben.
Stefan Kühl: Agile Praktiker
Apropos Filterblase. Das hier scheint eine Geschichte zu sein die sich in einer zugetragen hat. In irgendwelchen "deutschen Wirtschaftsmedien" soll der amerikanische Systemtheoretiker Talcott Parsons wegen seines AGIL-Schemas (Adaptation - Goal Attainment - Integration - Latency) als "Vorreiter der Agilität" gefeiert worden sein, obwohl sein Werk das gar nicht hergibt. Als im agilen Umfeld gelandeter Geisteswissenschaftler kann ich nur sagen: sollte derartiges irgendwo gestanden haben, dann nur als Orchideenmeldung. Eher könnte es so sein, dass das FAZ-Feuilleton hier genau das versucht was es anderen vorhält - durch simplifiziertes Umdeuten anschlussfähig an Diskurse aus anderen Sachgebieten werden. Agile kommt wirklich im Mainstream an.