Agile Roadmaps
Zu den klassischen Planungsinstrumenten gehören die so genannten Roadmaps. bei ihnen handelt es sich (vereinfacht gesagt) um einen Zeitstrahl auf dem verschiedene Fertigungsschritte und -phasen nacheinander und parallel zueinander angeordnet sind. Dieses Instrument hat unverkennbare Stärken: man kann planen was wann gemacht werden soll (ggf. auf dem kritischen Pfad), kann sequentielle Abhängigkeiten darstellen und den Fortschritt überprüfen. Wie viele anderen Planungswerkzeuge ist es aber auch denkbar unflexibel.
Roadmaps gehen immer von einer einzigen Ablauf-Reihenfolge aus, der die man für die ideale hält. Dass es mehrere Varianten geben kann von denen jede ihre Vor- und Nachteile hat geht dabei unter. Auch ist es in der Regel schwierig nachträgliche Änderungen vorzunehmen, und zwar nicht nur da diese den vorgegebenen Zeitplan durcheinanderbringen würden - alleine die Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen dafür, dass der ursprüngliche Plan eben doch nicht ideal war, rauben Zeit und Energie.
Eine flexiblere Variante könnte sich an den Streckenempfehlungen der gängigen Karten- und Navigationsdienste orientieren. Gibt man in ihnen Start- und Zielpunkt ein erhält man verschiedene Optionen zwischen denen man wählen kann. Im Fall des oben gezeigten Screenshots bietet etwa die südliche Route in der Mitte noch eine Alternativstrecke, die nördliche aber nicht. Und während die nördliche und die mittlere Route mehrere grosse stausgefährdete Stellen haben hat die südliche nur wenige, führt dafür aber an mehreren Baustellen vorbei. Die Parallelen zu einer Projekt- oder Produktplanung sind offensichtlich.
Durch die frühen oder späten Abzweigungen lassen sich frühe oder späte Architekturentscheidungen symbolisieren, Systeme oder Teams mit begrenzter Bearbeitungskapazität stellen staugefährdete Stellen dar und Systeme an denen auch andere Teams und Projekte arbeiten sind Baustellen. Und sind derartige Faktoren transparent lassen sich auch andere Informationen zu ihnen in Bezug setzen. Nocheinmal zum Screenshot oben: die Südstrecke hat zwar eine etwas kürzere voraussichtliche Fahrtzeit (Projektdauer), durch die Baustellen aber auch ein ungleich höheres Risiko, dass etwas Ungeplantes passiert. Ist der Zeitgewinn dieses Risiko wert? Eine interessante Frage.
Man sieht: die flexiblere Roadmap bietet nicht nur alternative Wege, die ggf. auch eine spätere Umplanung ermöglichen, sie bietet zu den Varianten auch Kontextinformationen, die eine wesentlich differenziertere Abwägung ermöglichen als die klassische, lineare Roadmap. Und die Visualisierung in einer Form die fast jedem Menschen aus seinem Alltag bekannt ist bietet dazu noch einen wesentlich höheren Erkennungs- und Erinnerungswert. Auch das sollte nicht unterschätzt werden.
Dass diese Form der Planung nicht häufiger verwandt wird hat übrigens einen zentralen Grund: sie lässt sich kaum in Powerpoints und Planungstools darstellen sondern praktisch nur auf einer physischen Wand. Und Planung die nicht auf Powerpoints passt ist in vielen Organisationen keine richtige Planung. Das wäre aber ein Thema für sich.