Montag, 19. Februar 2018

That's what they said

Bild: Flickr / J. D. Falk - CC BY-SA 2.0
Von Zeit zu Zeit werde ich bei meinen Kunden nach inspirierenden Gedanken, Aussagen oder Dokumenten agiler Vordenker und Unternehmer gefragt, von denen man sich für die eigenen Zielbilder inspirieren lassen kann. Die gibt es tatsächlich, hier sind einige die ich immer wieder nenne:

Jeff Bezos - Amazon: Letter to Shareholders, 1997

Dieser Brief an die Anteilseigner von Amazon beinhaltet mehrere Gedankenstänge, von denen aber einer im Vordergrund steht: auch und gerade gegenüber den Shareholdern wird betont, dass nicht kurzfristige Gewinnausschüttungen das Ziel sind sondern langfristige Entwicklungen. Obwohl kurzfristige Flexibilität und Agilität gewünscht ist soll sie auf das langfristige Ziel einzahlen. Genau das also was agiles Produktmanagement ist - beweglich bleiben um trotz aller Hindernisse immer wieder das Fernziel ansteuern zu können. Gleichzeitig wird herausgestrichen, dass diese Reise gerade erst beginnt, dass erst "Tag eins" ist, weshalb noch keine Zeit zum Ausruhen und zum Routinen entwickeln sein kann. Auch zwei Jahrzehnte später ist das noch immer der Ansatz nachdem dieses Unternehmen geführt wird.

Larry Page, Sergey Brin - Google: Code of Conduct, 2000

Oft als esoterisch belächelt steht in diesem Dokument die vermutlich prägnanteste Beschreibung einer positiven Unternehmenskultur: "Don't be evil". Auch wenn der Text weiter unten formaler wird und an einigen Stellen sehr ins Detail geht (z.B. bei der Frage wann man seinen Hund mitbringen darf) steht doch dieser erstaunlich einfache Satz über allem, mit der Aufforderung sich nicht nur an den einzelnen Formulierungen sondern am Großen Ganzen zu orientieren. Und falls ein Mitarbeiter das Gefühl haben sollte, dass irgendwo das "Don't be evil" nicht befolgt wird, wird eine aktive Widerspruchs- und Feedbackkultur ermutigt und eingefordert.


Reed Hastings et al. - Netflix: Culture Presentation, 2009

Die Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg hat diese schlichte Powerpoint-Präsentation einmal als das wichtigste im Silicon Valley entstandene Dokument bezeichnet. Den Inhalt ihrer 125 Seiten hier zu beschreiben würde zu weit führen, da sie auf wirklich viele Faktoren eingeht, es lohnt sich aber auf jeden Fall sie zu lesen. Man bekommt eine Idee wie weit eine auf Freiheit, Verantwortung und Vertrauen beruhende Unternehmenskultur gehen kann. In vielen Bereichen weicht sie stark von dem ab was in anderen Unternehmen auch nur für möglich gehalten wird, und doch beschreibt sie nur was bei Netflix bereits funktioniert.

Elon Musk - Tesla: Communication Within Tesla, ca. 2010

Ein sehr spezifischer aber sehr wichtiger Aspekt einer Unternehmenskultur ist die Frage wer auf welchem Kanal mit wem kommuniziert. Die Antwort von Elon Musk ist: jeder mit jedem, und das möglichst direkt. Obwohl er das explizit von klassischen prozessgetriebenen Vorgehen abgrenzt nennt er nicht alle damit verbundenen Effekte und Voraussetzungen, die werden in dem verlinkten Artikel aber zum Teil nachgeliefert. Ein wichtiger Punkt der dort nicht genannt wird: um immer ansprechbar zu sein und andere ansprechen zu können muss man dafür offene Zeitfenster einplanen, sonst ist es nicht ernst gemeint.

Mark Zuckerberg - Facebook: Founder’s Letter, 2012

Zu Beginn noch sehr ins Allgemeine gehend steht im unteren Teil dieses Briefes das, was nach allem was man hört tatsächlich die bei Facebook vorherrschende Einstellung ist. "The Hacker Way" bedeutet, dass Ideen möglichst schnell und in vielen kleinen Schritten umgesetzt werden und dass sie niemals fertig, niemals alternativlos und niemals von Anfang an klar sind. Was sich beim ersten Überfliegen noch nicht so besonders anhört enthält radikale Konsequenzen, wie z.B. die, dass auch Manager in der Lage sein müssen Code zu schreiben. In der Tat ein sehr naheliegender Weg um zu verhindern, dass die Fachabteilung die IT-Produktentwicklung nicht versteht.

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Vermutlich würden sich noch weitere derartige Texte finden lassen, die hier nehme ich weil fast jeder die dahinterstehenden Firmen kennt. Und die Reaktion von (Change-)Managern nach dem Lesen ist ein guter Indikator dafür wieviel Veränderung in einem Unternehmen wirklich möglich ist.

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