Donnerstag, 14. Dezember 2017

Stillarbeit

Bild: Freegreatpictures / Max Pixel - CC0 1.0
Ein Fall aus der Praxis: im Team eines von mir gecoachten Scrum Masters war eine spürbar steigende Unzufriedenheit mit den Retrospektiven spürbar. Der Grund lag in den unterschiedlichen Charakteren der Teammitglieder - während die einen eher extrovertiert und impulsiv waren handelte es sich bei den anderen eher um stille Menschen. Infolgedessen verteilten sich die Redeanteile sehr ungleich, die Introvertierten hatten das Gefühl nicht zu Wort zu kommen, die Extrovertierten fühlten sich als wären sie die einzigen die Dinge ansprechen. Schwierig.

Auch die Moderationsversuche des Scrum Masters hatten nicht das gewünschte Ergebnis sondern führten dazu, dass das Team jetzt auch mit ihm unzufrieden war. Die Extrovertierten nahmen es so wahr als würde er ihnen ständig ins Wort fallen, die Introvertierten fühlten sich auf unangenehme Weise bedrängt und ins Scheinwerferlicht gestellt. Moderation war also auch nicht die Lösung, zumindest nicht mit einem darin noch relativ unerfahrenen Moderator.

Der Ansatz der die Situation spürbar verbessern konnte war die so genannte Stillarbeit. Jeder Teilnehmer der nächsten Retrospektive wurde gebeten zunächst in Ruhe seine Themen auf Post Its zu schreiben. Danach wurden sie der Reihe nach vorgestellt (Diskussionen wurden an der Stelle noch wegmoderiert), gemeinsam priorisiert und erst danach der Reihe nach diskutiert. Bei der kurzen "Retro der Retro" am Ende gab es für diese Art der Durchführung durchweg positives Feedback.

Die Diskussion hatte zwar immer noch ein gewisses Ungleichgewicht, allerdings hatte jeder Teilnehmer seine Themen in Ruhe vorstellen können, so dass die Introvertierten sich weniger übergangen fühlten und die Extrovertierten nicht mehr das Gefühl hatten alleine Input liefern zu müssen. Für den Scrum Master wurde ausserdem die Moderation einfacher, da er die bereits vorgestellten Themen als Ausgangspunkt für weiterführende Fragen nutzen konnte und nicht mehr ständig darum bitten musste, dass überhaupt Beiträge geliefert wurden.

Natürlich ist diese Art der Themensammlung nicht immer die passende, in diesem und in anderen Fällen hat sie von mir gecoachten Teams aber sehr geholfen und ist später auch in andere Meetings übernommen worden.

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