Organisatorische Schulden
Bild: Flickr/Rachel Doherty - CC BY 2.0 |
Die organisatorische Schuld ist gewissermassen der unbekannte Zwilling der technischen Schuld. Unter der versteht man den Mehraufwand, den man für Reparaturen und Instandhaltung schlecht geschriebener Software aufbringen muss. Organisatorische Schuld ist dementsprechend der Mehraufwand der sich aus einer unzureichenden Organisationsstruktur ergibt - im oben genannten Fall aus dem Fehlen einer Person die sich für das Thema der übergreifenden Software-Qualität verantwortlich gefühlt hätte. Genau wie im Fall der technischen Schuld erscheint das Ganze zum Zeitpunkt des "Schulden Aufnehmens" auch oft unproblematisch, vielleicht sogar rational. Im Normalfall ist das Schulden aufnehmende Unternehmen noch klein und/oder jung und andere Probleme sind dringender, so dass die Weiterentwicklung der eigenen Strukturen auf "später" verschoben wird. Später sind dann andere Probleme dringender und noch später wieder andere, so dass es niemals zu einer Lösung kommt. Besonders perfide: viele der später auftretenden Probleme wären niemals entstanden wenn die Organisation von Anfang an besser aufgestellt gewesen wäre, ein Beispiel dafür sind die oben genannten Hotfix-Phasen. Letztendlich entsteht ein Teufelskreis - organisatorische Defizite führen zu Mehraufwänden wegen denen die Organisation nicht weiterentwickelt wird, was wieder zu Mehraufwänden führt. Und so weiter.
Was man an dieser Stelle bedenken sollte ist, dass die Existenz organisatorischer Schulden keineswegs notwendigerweise ein Fehler dessen ist, der sie aufgenommen hat. Möglicherweise stehen handfeste Gründe dahinter. Um ein letztes mal das Beispiel des oben genannten Startups anzuführen - vielleicht war am Anfang einfach kein Geld für jemanden mit Test- und QA-Know How da? Der Fehler dürfte eher in mangelnder oder fehlender Agilität liegen: bei funktionierendem Inspect & Adapt wäre zum einen das organisatorische Defizit rechtzeitig aufgefallen, zum anderen wäre auch klar geworden, wann man dieses Problem am besten (oder spätestens) hätte lösen müssen. Nicht, dass es später nicht mehr ginge. Es wird dann nur sehr, sehr teuer.